Archiv für den Monat: Juni 2024

Toleranz und klare Kante – Zum Umgang mit dem Rechtschristentum

Die neue Rechte hat auch eine religiöse Seite. Im Umgang mit ihr empfiehlt Martin Fritz, Referent bei der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin, nicht nur scharfe Kante zu zeigen. Das verschärfe nur die Polarisierung, sagt er im Podcast Conny&Kurt. Er fordert Toleranz gegenüber konservativen Positionen. Man müsse feststellen, dass die Liberalisierungsprozesse der letzten Jahre schon rasant waren. Da wurden nicht alle mitgenommen. Gleichzeitig wendet Fritz sich gegen eine billige Polemik mit der etwa Peter Hahne, eine Leitfigur des christlichen Rechtspopulismus, die Hallen fülle. Fritz: „Das ist billig. Die Besucher:innen erwärmen sich am Feuer der erhitzten Rede. Eine billige Rhetorik.“ Der Rechtspopulismus bediene sich der konservativen Themen. „Auf den ersten Blick gibt es kaum genuin rechte Themen, sie stammen aus dem Reservoir konservativer Theologie.“ Etwa wenn sie sich auf eine Schöpfungsordnung in Bezug auf die Stellung der Frau beriefen. Allerdings komme bei den rechten Christ:innen ein aggressiver Grundton hinzu, der dann auch christliche Inhalte verändere. „Die Kulturkampfstellung höhlt das Christentum aus, so dass man es nicht wiedererkennt.“

PD Dr. Martin Fritz leitet das Referat für Grundsatzfragen, Strömungen des säkularen und religiösen Zeitgeistes, Evangelikalismus und pfingstlich-charismatisches Christentum der EZW in Berlin. Zu seinen Themenschwerpunkten gehören neben neurechtem Christentum und religiösem Pluralismus auch fundamentalistische Strömungen. Er publizierte zahlreiche Bücher und Aufsätze zu diesen Themenbereichen und leitet verschiedene wissenschaftliche Projekte

Auch die Stadionkapelle musste der UEFA weichen

Der lange Arm des europäischen Fußballverbands macht auch vor einer Kapelle nicht Halt. Die Kapelle im Frankfurter Waldstadion bleibt während der EM geschlossen. Doch Frankfurts Stadionpfarrer Eugen Eckert freut sich trotzdem auf die EM. Immerhin, so berichtet er im Podcast Conny&Kurt, sei es gelungen, einen interreligiösen Gottesdienst zu organisieren, der dann eben auf der zentralen Frankfurter Bühne am Eisernen Steg am 23. Juni vor dem Spiel gegen die Schweiz stattfindet. Die Art und Weise wie die UEFA auftritt und gleichzeitig für sich weitgehende Steuerfreiheit in Anspruch nimmt, irritiert Eckert. („Das ist der Hammer.“) Gleichwohl schätzt er, dass im Zuge der EM bestehende Stadien saniert wurden und etwa für die Inklusion einiges getan wurde.

Auch eine andere Entwicklung macht ihn fassungslos. Dass ein Rüstungskonzern einen Fußballclub sponsert, zeige eine zunehmende Militarisierung der Gesellschaft.

Eckert ist seit 17 Jahren Stadionpfarrer. Er vertritt Kirche an einem völlig säkularen Ort. „Da ist Vieles in Bewegung geraten,“ bilanziert er. Etwa die Verbindung zum Club und seinen Fans. Dass seine Stelle – wie andere Sonderpfarrstellen auch – jetzt gestrichen werden soll, hält er für eine Fehlentscheidung. Es werde alles auf die Gemeinden konzentriert. Dieses sei ein Trend zur Verinnerlichung. Doch es brauche Leuchtturmprojekte.

Nähe und Empathie angesichts kolonialer Verbrechen – Der Film „Das leere Grab“

Das leere Grab

Sie will mit der Kamera Nähe zu den Menschen herstellen. Und das gelingt ihr. Agnes Lisa Wegner hat mit ihrer Co-Regisseurin Cece Mlay einen eindrücklichen Film über die deutsche Kolonialgeschichte gedreht, der auch auf der Berlinale gezeigt wurde. Derzeit läuft er in den Kinos (Salzgeber.de). Im Podcast Conny&Kurt erzählt sie von der aufwendigen Produktion des Films „Das leere Grab“. Der Film folgt zwei Familien auf ihrer mühsamen Suche nach ihren Vorfahren. Zehntausende menschliche Gebeine aus ehemaligen Kolonien lagern in deutschen Museen. Die Toten können gemäß der Glaubensvorstellungen so keine Ruhe finden und die Familien sind verpflichtet, den ganzen Körper zu beerdigen. Agnes Lisa Wegner erzählt, wie sie mit der Kamera eine Beziehung zu ihren Protagonisten aufbaut. Nähe und Empathie angesichts kolonialer Verbrechen.

Die Schwerpunkte als Kirchenpräsident: Sexualisierte Gewalt, Diakonie und lokale Verantwortung

Falls er im Herbst von der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) zum Kirchenpräsidenten gewählt wird, will Oberkirchenrat Martin Mencke vor allem in der Frage der sexualisierten Gewalt nicht nachlassen. „Das hat für mich eine hohe Priorität“, sagt Mencke, der derzeit der Beauftragter der Evangelischen Kirchen am Sitz der Landesregierung ist, im Podcast Conny&Kurt. Das werde weiterhin eine Daueraufgabe für die Kirche sein. Ferner will er dazu ermutigen, dass jede Kirchengemeinde und jeder Nachbarschaftsraum ein diakonisches Projekt durchführe. Die Kirche sei nicht nur eine Glaubens- sondern auch eine Handlungsgemeinschaft. Mencke spricht von der Diakonie als „zweites Bein unseres christlichen Glaubens.“ In den Strukturprozessen möchte er, dass die lokalen Verantwortungsträger „so viel Verantwortung wie nur irgend möglich bekommen“. Da möchte er eine Dynamisierung hinbekommen, um Innovationskraft freizusetzen.

Für das Amt des Kirchenpräsidenten, der Kirchenpräsidentin, der EKHN kandidieren drei Personen: Pröpstin Henriette Crüwell, Pfarrer Martin Mencke, Professorin Christiane Tietz. Gewählt wird am 28. September.