Der gestrige Mittwoch war für Conny&Kurt aufregend und aufwühlend. Aufregend das Handballspiel, aufwühlend die Bundestagsdebatte. Beide haben sich darüber gefreut, dass die katholische und evangelische Kirche den Abgeordneten zuvor einen Brandbrief geschrieben haben. Die beiden Kirchen argumentieren in dem vierseitigen Schreiben vor allem juristisch und heben hervor, dass die geplanten regelungen geltendem Recht widersprechen. Vor allem über den Stopp des Familiennachzuges zeigen sich die Kirchen empört. Nach Meinung von Conny von Schumann und Kurt-Helmuth Eimuth widerspricht eine solche Regelung dem christlichen Menschenbild und einer christlichen Vorstellung von Familie. Der CDU/CSU empfehlen die beiden Podcaster Abstand zur AfD zu halten. Sie zitieren die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland Anna-Nicole Heinrich: „Alle reden von Brandmauer, zuallererst brauchen wir Anstand. Wer Anstand hat, macht keine Sache mit Rechtsextremen. Wer Anstand hat, hält Abstand. Und zwar den größtmöglichen.“
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Bischof Jeremias: „Angst ist ein Baustein für populistische Lösungen“
Dem völkischen Menschenbild der AfD widerspricht Bischof Tilman Jeremias im Podcast Conny&Kurt. Das sei mit dem christlichen Menschenbild unvereinbar. Der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche hält die Entlassung eines Pfarrers, der bei der Kommunalwahl für die AfD kandidierte, für richtig. Gleichwohl plädiert er dafür, mit den Menschen im Gespräch zu bleiben. Immerhin haben ein Drittel diese Partei jüngst gewählt. „Ich möchte hören, warum die Menschen so wählen.“ Als Ursache sieht Jeremias eine tiefe Verunsicherung und Angst. Die Unübersichtlichkeit lässt wohl auch die Sehnsucht nach der klaren, übersichtlichen Welt der DDR wiedererstarken.
Dem „Megatrend“ der zurückgehenden Mitgliederzahlen kann sich auch die Kirche in Pommern nicht entziehen. Der Austrittsgrund sei nicht der spontane Ärger. „Wir sehen, dass sich Menschen über Jahrzehnte von der Kirche entfremden, sagt Bischof Jeremias. Auch die wachsende Distanz zum Glauben seien Austrittsgründe. Doch auch im Osten wollen man eine Kirche bleiben, die offen ist für Menschen jeglicher Couleur.
Zur Person:
Tilman Jeremias ist seit dem 20. September 2019 Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Zu seinen zentralen Aufgaben gehört die geistliche Leitung des Sprengels, der den Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Mecklenburg und den Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis umfasst.
Toleranz und klare Kante – Zum Umgang mit dem Rechtschristentum
Die neue Rechte hat auch eine religiöse Seite. Im Umgang mit ihr empfiehlt Martin Fritz, Referent bei der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin, nicht nur scharfe Kante zu zeigen. Das verschärfe nur die Polarisierung, sagt er im Podcast Conny&Kurt. Er fordert Toleranz gegenüber konservativen Positionen. Man müsse feststellen, dass die Liberalisierungsprozesse der letzten Jahre schon rasant waren. Da wurden nicht alle mitgenommen. Gleichzeitig wendet Fritz sich gegen eine billige Polemik mit der etwa Peter Hahne, eine Leitfigur des christlichen Rechtspopulismus, die Hallen fülle. Fritz: „Das ist billig. Die Besucher:innen erwärmen sich am Feuer der erhitzten Rede. Eine billige Rhetorik.“ Der Rechtspopulismus bediene sich der konservativen Themen. „Auf den ersten Blick gibt es kaum genuin rechte Themen, sie stammen aus dem Reservoir konservativer Theologie.“ Etwa wenn sie sich auf eine Schöpfungsordnung in Bezug auf die Stellung der Frau beriefen. Allerdings komme bei den rechten Christ:innen ein aggressiver Grundton hinzu, der dann auch christliche Inhalte verändere. „Die Kulturkampfstellung höhlt das Christentum aus, so dass man es nicht wiedererkennt.“
PD Dr. Martin Fritz leitet das Referat für Grundsatzfragen, Strömungen des säkularen und religiösen Zeitgeistes, Evangelikalismus und pfingstlich-charismatisches Christentum der EZW in Berlin. Zu seinen Themenschwerpunkten gehören neben neurechtem Christentum und religiösem Pluralismus auch fundamentalistische Strömungen. Er publizierte zahlreiche Bücher und Aufsätze zu diesen Themenbereichen und leitet verschiedene wissenschaftliche Projekte
Kirche und AfD: Klare Kante und milieu-übergreifende Plattform
Katholische und evangelische Kirche haben sich klar von AFD-Mitgliedern abgegrenzt. Für die katholischen Bischöfe ist klar: Völkisch-nationalistisches Gedankengut passt nicht zu ihrer Kirche. Auch die Synode der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau (EKHN) hat sich klar gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus positioniert. Kirchenpräsident Volker Jung hält die AfD aus christlicher Sicht nicht für wählbar. Und doch kann es gerade Aufgabe der Kirche sein, eine Plattform für die Themen, die Menschen verunsichern, zu sein. Im Podcast Conny&Kurt plädieren die beiden Podcaster dafür, sowohl klare Kante zu zeigen, als auch ein Forum für eine milieu-übergreifende Auseinandersetzung zu sein. Eine einmalige Chance der Kirche.