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Integrationsoffensive statt Abschiebungsoffensive

Nach der Vorstellung des Interkulturellen Beauftragten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Andreas Lipsch, braucht es eine Integrationsoffensive statt einer Abschiebungsinitiative. „Zu glauben, dass man über Abschiebungen eines der Probleme löst, ist völlig abwegig“, sagt Pfarrer Lipsch im Podcast Conny&Kurt. Es gäbe Möglichkeiten, die aber oft von den Behörden nicht genutzt würden. Lipsch erlebt in seiner Praxis, dass sogar ausgebildete Kräfte, etwa Krankenpfleger, kurz vor Erlangung des Bleiberechts abgeschoben würden. Die Erzählung, dass „Migration die Mutter aller Probleme“ sei, hält Lipsch für absurd. Die Parteien hätten sich von der AfD vor sich hertreiben lassen. Lipsch verweist darauf, dass von den in den Jahren 2015/2016 gekommenen männlichen Flüchtlingen 86 Prozent im Arbeitsmarkt integriert seien. Zuwanderung werde dringend benötigt, auch von ungelernten Kräften.

Zur Person
Pfarrer Andreas Lipsch Abteilungsleitung Flucht, Interkulturelle Arbeit, Migration (FIAM) Interkultureller Beauftragter der Evangelischen Kirche in Hessen

Was hilft: Keine Massenunterkünfte und Integration

Am 23. August hatte auf einem Stadtfest in Solingen ein Angreifer drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt. Mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn unter anderem wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Ein solches Ereignis ist furchtbar, meinen auch Conny&Kurt in ihrem Podcast. Doch bei der Suche nach den Ursachen geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Einreiseverbot für alle Syrer, wie es der Oppositionsführer fordert, widerspricht einem christlichen Menschenbild und zudem dem Grundgesetz. Hingegen leistet die Unterbringung in Massenunterkünften der Radikalisierung Vorschub. Als weiteren Problemkreis identifizieren die beiden Podcaster eine Jugendkultur, die zunehmend auf das Mitführen von Messern setzt.

„Wer Waffen liefert, bekommt Geflüchtete“ – Die neue Vorsitzende von Pro Asyl im Gespräch

Mit Blick auf den globalen Süden beschreibt die neue Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Pro Asyl Halina Gutale einen Mechanismus, der in der hiesigen Diskussion keine Rolle spielt. Im Podcast Conny&Kurt stellt Gutale, die mit 14 Jahren aus Somalia nach Deutschland flüchtete, fest: „Wer Waffen liefert, bekommt Geflüchtete“. Für sie ist klar: Die Geflüchteten, die man nicht haben will, produziert man gleichzeitig.“ Sie selbst kennt aus ihrer Erfahrung alle Probleme von Geflüchteten: „Wir hatten ganz andere Sorgen als Gleichaltrige.“ Die Woche über ging sie zur Schule und am Wochenende arbeitete sie in der Pizzeria, um den Deutschkurs bezahlen zu können. Für sie ist es wichtig, dass Geflüchtete ihre Rechte kennen. „Damals kannte ich meine Rechte nicht, man verweigerte mir das Abitur aufgrund des Aufenthaltsstatus.“ Es müssten „mit Herz und Verstand“ Lösungen gesucht werden. Dabei gelte immer: „Wir müssen menschlich bleiben“. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Pro Asyl ist ein Zusammenschluss von Mitarbeitenden aus Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Menschenrechtsorganisationen und landesweiten Flüchtlingsräten. Sie verbindet die Überzeugung, dass es die Pflicht einer demokratischen und humanen Gesellschaft ist, Flüchtlinge und verfolgte Menschen zu schützen.